Künstlerische Interventionen in den Schulalltag integrieren
Goethe Realschule plus Koblenz
Schüler*innen herauszufordern, mit ihnen auf eine gemeinsame Reise zu gehen, ihre Persönlichkeiten aufblitzen zu lassen, sie ihre Fähigkeiten jenseits des Unterrichtsstoffes erfahren zu lassen, ist Ziel meiner künstlerischen Interventionen in der Goethe-Realschule plus in Koblenz. In den gebauten, gezeichneten, gemalten, geschriebenen und erzählten Werken der Kinder und Jugendlichen steckt all das: darin werden ihre vielfältigen Potenziale und ihre Auseinandersetzung mit sich und der sie umgebenden Welt sichtbar. Im gemeinsamen Tun erkennen wir, was uns bewegt und beschäftigt. Die Schüler*innen wachsen über sich hinaus, stoßen auch an ihre Grenzen, erleben Frustrationen, aber vor allem finden sie Befriedigung im kreativen Ausdruck und Anerkennung in der Präsentation ihrer Werke in der Gruppe und vor Publikum.
Das Atelier, das in der Goethe-Realschule plus zusammen mit Schüler*innen Anfang des Jahres renoviert und eingerichtet wurde, hat sich im Laufe des Schuljahres zu einem lebendigen Ort der Kunst und des kreativen Austausches entwickelt, das sowohl von wechselnden, als auch von regelmäßig stattfindenden Projekt-Gruppen von der 5. bis zur 9. Stufe besucht wird. Das Atelier ist kein Unterrichtsraum. Hier gelingt es besser, den Schulalltag zu vergessen und ganz einzutauchen in das künstlerische Arbeiten.
Beispiele Künstlerischer Interventionen:
Objekte aus Fundstücken montieren und die Objekte erzählen lassen: wir befragen das Fundstück, wir berühren es, erfassen dessen Materialität. Wir geben dem einzelnen Objekt einen subjektiven Wert, indem wir unsere Assoziationen mitteilen. Dann ordnen wir dem einen Objekt noch weitere Objekte zu. Und indem wir ihnen durch eigene Manipulation und durch Wicklung mit Draht und Schnur eine neue Gestalt und Bedeutung verleihen, fällt uns das Erzählen über die wundersame neue Skulptur in der Gruppe ganz leicht.
Linoldrucke zum Thema „Was trennt und was verbindet?“: wir denken darüber nach, was uns voneinander trennt, wie zum Beispiel Streit und Neid, und was uns verbindet, wie zum Beispiel eine Entschuldigung. Aus dem Thema entwerfen wir ein Motiv, zeichnen eine kleine Szene oder entwickeln abstrakte Formen und ritzen das Motiv auf eine Druckplatte. Das Walzen mit Farbe auf Papier ist immer wieder ein spannender Moment für alle.
Kreidemalereien mit Schablonentechnik „Fantastische Figuren in Fantastischen Welten“: die großformatigen Werke sind knallbunt, in ihnen springen, fliegen, flitzen und schlängeln bizarre Wesen in noch nie gesehenen Landschaften aus Traum-, Märchen-, und Geisterwelten. Schablonen werden entworfen und ausgeschnitten und die bunten weichen Künstlerkreiden auf das Papier gerieben. Es ist ein haptisches Erlebnis. Linien, Flächen und Formen finden wir von selbst zu einem großen Ganzen.
Bildbetrachtung eines Gemäldes führt zu einer Erzählung: auf dem Whiteboard erscheint ein Gemälde. Wir betrachten, bestaunen und stellen Vermutungen darüber an, wer die Figuren sind und was sie dort tun. Wir stellen uns vor, was wäre, wenn das Bild ein Standbild aus einem Film wäre und der Film gleich weiterläuft. Die erfundenen nächsten Szenen sind so einfallsreich, tiefgründig, pointiert und brillant, wie die unterschiedlichen Persönlichkeiten in der Gruppe.
Nicole Heidel / Referenzkünstlerin / Generation K / 2022