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No more plastic! – Kunst-Projekte an Schulen: die Lernform der Zukunft

Kunst-Projekte an Schulen: die Lernform der Zukunft

Dreiundzwanzig Schüler*innen der Klasse 8a der Goethe-Realschule plus Koblenz, die Klassenlehrerin Anja Schäper und die Künstlerin Nicole Heidel haben im Schuljahr 2019/2020 zum Thema Plastikmüll eine Multimediale Kunstaktion nach der Idee der „Sozialen Skulptur“ von Joseph Beuys gestartet.

Gebt uns euer Plastik!

Die Aktion begann, als die Schüler*innen in achtzehn Klassen und im Lehrerzimmer der Schule wöchentlich dazu aufriefen, anfallenden Plastikmüll aufzubewahren. Sie sammelten den Müll und stopften damit einen Plastikwurm, der im Schulfoyer stetig wuchs und ein Zeichen setzte. Natürlich wurden Fragen nach dem Sinn des Ganzen laut, und so hatte die 8a bereits die gesamte Schulgemeinschaft involviert.

Performative Inszenierungen des Plastikwurms  

 Willkommen im Plastikuniversum

Parallel zur Sammelaktion bearbeiteten die Schüler*innen in Kleingruppen selbstgewählte Themen rund um unser Problem des Plastikmülls und die dadurch entstehende, unumkehrbare Verschmutzung unseres Planeten.

Die Gruppe „Qualvolle Geschichten aus dem Meer“ recherchierte Geschichten eines arabischen Umwelt-Bloggers, der auf das Leid der Meerestiere aufmerksam macht, denen Plastikmüll zum Verhängnis wird. Die Gruppe „Plastik in Kosmetik“ besuchte die Kosmetikabteilung eines Bioladens.

Die Gruppe „Plastik und Ernährung“ fand heraus, wie viele Plastikpartikel wir täglich mit unserer Nahrung zu uns nehmen. Die Gruppe „Unverpackt“ interviewte den Betreiber des Koblenzer Ladens „Unverpackt“. Die Gruppe „Plastikteppiche im Meer“ recherchierten die Ausdehnung der Müllteppiche in unseren Meeren. Die Gruppe „Yes plastic? No plastic!“ drehte ein Video zum Thema „Pro und Contra von Plastikverpackungen im Alltag“.

Multimediale Kunst-Aktion „Soziale Skulptur“ nach Joseph Beuys

Wir hatten einen Traum. Wir wollten das Thema der Schulgemeinschaft künstlerisch und auf eine Weise erfahrbar machen, die in Erinnerung bleibt, zum Handeln bewegt und vor allem:  etwas verändert. 

In der Entwicklungsphase entstand nach und nach eine fünfunddreißig Minuten dauernde Show, in der die Schüler*innen performativ und moderierend, inspirierend, irritierend, provozierend und überzeugend und, wie sich herausstellte mit schauspielerischem Talent, in Aktion traten und das Publikum durch Mitmachen einbezog. Die interaktiven Shows fanden an mehreren Tagen im Februar 2020 und mehrmals am Tag statt und erreichten ca. 140 Besucher*innen.

Schon vor der geschlossenen Bühnentür erwartete das Publikum eine Installation aus Plastikmüll, die sphärische Klänge verströmte. Dann durften die Besuchergruppen eintreten und befanden sich prompt mitten in einer Bühnenlandschaft. Die Kulissen bestanden aus gemalten Tableaus, weiteren Installationen und Aktivitätszonen, die die Akteure sowohl still als auch aktiv bespielten. Zusammen mit dem Licht- und Klangarrangement einer Schülerin aus der 9. Klasse war das sehr beeindruckend. Moderiert erwanderten und erkundeten die Besucher*innen das Plastikuniversum.

In der Aktivitätszone „Qualvolle Geschichten aus dem Meer“ konnten die Besucher*innen durch Malereien, Abbildungen und per Fragebogen darüber nachdenken, dass wegen unseres Plastikverbrauches Millionen Tiere sterben müssen. Die Akteure stellten die provokante Frage: „Ist es dir egal, wenn die Tiere wegen dir sterben?“. Aus den frei übersetzten Texten des Umwelt-Bloggers sind vier Kapitel einer Geschichte entstanden, die die Gruppe als bebildertes Buch während der Aktion verteilte. Die Besucher*innen wurden emotional erfasst, indem die Geschichten der Schicksale der Tiere, zuvor per Off-Text eingesprochen, während der Aktion über Lautsprecher in den dunklen Saal scholl.

Die Aktivitätszone „Plastik in Kosmetik“ schickte die Besucher*innen durch ein Ratespiel, das mittels eines Glücksrates erschreckende Fakten über Mikroplastik in Pflege- und Kosmetikprodukten offenbarte. Die Akteure verwickelten die Teilnehmer*innen in Gespräche über Alltagsverhalten und Alternativen.

In der Aktivitätszone „Plastik und Ernährung“ fand eine unappetitliche Fragebogenaktion statt, die alarmierende Mengenvergleiche anstellte. Wer weiß schon, dass wir Plastik in der Größenordnung eines Kugelschreibers oder einer Kreditkarte essen, und zwar wöchentlich, egal ob wir uns „bio“ ernähren oder nicht?

Die Gruppe „Unverpackt“ lieferte den Besucher*innen per Fotos und eingesprochener Texte eine ganz persönliche Geschichte von Idealismus und Engagement des Ladenbetreibers.

Die PowerPoint-Präsentation „Plastikteppiche im Meer“ zeigte Bilder des Horrors von den Meeren unserer Welt. Die überaus charmante Art, in der dem Publikum die Zahlen und Fakten um die Ohren gehauen wurden, bot im Hinblick auf das erste Thema eine absurde Szene.

Komödiantisch geht es im Video „Yes plastic? No plastic!“ zu. Hier liefern sich zwei unterschiedliche Charaktere einen augenzwinkernden Battle über das Pro und Contra unserer Plastiksucht in alltäglichen Gewohnheiten.

Haltung zeigen: die Petition

Die Aktionen endeten mit dem Verlesen der Petition der Schüler*innen, gerichtet an die Schulleitung, die Politik, an jeden, der anwesend war. Darin fordern die Schüler*innen Reduzierung, Verzicht und Alternativen zu Plastik und rufen alle dazu auf, mitzumachen.

Die Idee reist weiter

Während der Aktionstage sind Videoaufnahmen und ein Kurzfilm von fünfzehn Minuten entstanden. Der Kurzfilm wird zu kommenden Anlässen in der Schule gezeigt, und wir reichen ihn bei Wettbewerben ein. Die Schüler*innen schmieden bereits Pläne, was sie mit dem Preisgeld machen werden. Sie sind stolz auf ihre Aktion und überzeugt davon, dass ihre Idee Resonanz findet und dass sie etwas Tolles auf die Beine gestellt haben. Sie sind über sich hinausgewachsen. Kunst-Projekte an Schulen: die Lernform der Zukunft.

Nicole Heidel, Referenzkünstlerin „Generation K – Kultur trifft Schule“ www.nicole-heidel.com